Wer für ein gemeinsames Forschungsprojekt einen Partner sucht, hat größere Chancen, den richtigen zu finden, wenn er nicht nur den deutschsprachigen Raum, sondern auch andere Länder im Blick hat. Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ist es allerdings aufwendig, eine solche internationale Kooperation ganz aus eigener Kraft auf die Beine zu stellen. Hilfe bietet hier die internationale Forschungsinitiative CORNET (Collective Research Networking), die Partner aus verschiedenen Nationen in gemeinsamen vorwettbewerblichen Projekten zusammenführt. Derzeit gehören der Initiative 15 Länder an, insbesondere europäische Staaten, aber auch Brasilien, Japan oder Kanada. Da KMU nur selten über eigene Forschungsabteilungen verfügen, werden die Forschungsprojekte über CORNET finanziert. Die Fördergelder werden den Kooperationspartnern jeweils von nationalen Fördermittelgebern zur Verfügung gestellt – in Deutschland ist das das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, welches die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) finanziert, in Österreich die Forschungsförderungsgesellschaft FFG und in der Schweiz das Bundesamt für Energie.
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Mehrere KMU arbeiten zusammen
Für alle Länder gilt, dass für einen Antrag mindestens fünf KMU aus jedem Partnerland am Projekt beteiligt sein müssen. Damit wird sichergestellt, dass von der Projektförderung möglichst viele Unternehmen profitieren können. Die CORNET-Initiative wurde 2005 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Seitdem hat sie mehr als 270 Projekte bewilligt, an denen mehr als 4.500 KMU beteiligt waren. Eine Bewerbung um eine Förderung durch CORNET lohnt sich, da die Erfolgsrate der Antragstellung aktuell bei 66 Prozent liegt. In Deutschland sind ausschließlich Forschungsvereinigungen antragsberechtigt, die in der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) organisiert sind. Das Forschungskuratorium Textil (FKT) steht Unternehmen, die an einer Förderung durch die CORNET-Initiative interessiert sind, mit Rat und Tat zur Seite.
Engagierte Textilforschung
Wie sich zeigt, war die Beteiligung deutscher Textilunternehmen und Forschungseinrichtungen an CORNET in den vergangenen Jahren ausgesprochen erfolgreich: Seit 2010 wurden in Zusammenarbeit mit dem FKT 36 CORNET-Projekte erfolgreich abgeschlossen. Zu diesen zählt beispielsweise das Projekt MARKER, an dem neben verschiedenen Unternehmen unter anderem das Institut für Textiltechnik und das Institut für Aufbereitung und Recycling der RWTH Aachen beteiligt waren.
Im Projekt MARKER wurde untersucht, inwieweit sich das Textilrecycling durch eine Markierung von Textilien und Textilfasern mit UV-Markern optimieren lässt. Dazu wurden die Marker entweder beim Schmelzspinnverfahren direkt in das Filament eingearbeitet oder mit einer Beschichtung auf das fertige Textil aufgetragen. Untersucht wurden verschiedene Konzentrationen und mehrere Kombinationen von Markern, die in unterschiedlichen Farben fluoreszieren. Die Ergebnisse des Projekts sollen künftig dazu beitragen, ein textiles Produkt während seines Lebenszyklus’ besser zu verfolgen, das Erkennen von Materialmischungen zu erleichtern und höhere Recyclingquoten durch eine verbesserte Sortierung von textilen Abfällen zu erreichen.
Arbeitsschutzkleidung bequemer machen
Das CORNET-Projekt RAPACOAT wiederum hatte das Ziel, Arbeitsschutzkleidung bequemer zu machen, damit sie tatsächlich gern getragen wird, denn häufig sind die geschützten Stellen unflexibel und unbequem. Unter Beteiligung des Sächsischen Textilforschungsinstituts wurden neuartige Textilstrukturen mit einer funktionellen 3D-Rasterbeschichtung entwickelt. Diese Beschichtung basiert auf keramischen Druckpasten. Sie wird im Siebdruck aufgetragen und ist weich und flexibel. Die daraus gefertigten Textilstrukturen sind luftdurchlässig und atmungsaktiv. Sie bieten einen extrem guten Schnittschutz sowie eine sehr gute Stich- und Abriebfestigkeit. So wird durch die Beschichtung unter anderem ein deutlich verbesserter Schutz vor Nadelstichen und Schnitten durch scharfe Kanten erreicht. Gleichzeitig bietet die Materialkombination maximale Flexibilität sowie optimierten Tastsinn und Tragekomfort.
Feuchtigkeit textil messen
Die Auswahl der Projekte, die durch CORNET gefördert werden, ist ausgesprochen vielfältig. Gefördert wurden beispielsweise auch Projekte, die Medizintextilien im Fokus haben – etwa das Projekt AMBITEX, an der die Hochschule Niederrhein maßgeblich beteiligt war. Darin ging es um die Messung von Feuchtigkeit – etwa für die Überwachung bettlägeriger Patienten. Schweiß und Körperwärme können zu Irritationen auf der Haut oder schlimmstenfalls zu Druckgeschwüren führen. Doch auch in der Baubranche ist die Überwachung der Feuchtigkeit wichtig, insbesondere seit Dämmstoffe für Niedrigenergiehäuser verstärkt zum Einsatz kommen. Denn selbst intelligente Lüftungssysteme können den Feuchtigkeitsanstieg zwischen den Isolationsschichten kaum verhindern. Ein Befall durch Schimmelpilze und Mikroorganismen ist die Folge.
AMBITEX hat beide Anwendungsfelder zugleich adressiert. In dem Projekt wurden textile Sensoren entwickelt, die die relative Luftfeuchtigkeit und die Taupunkte zuverlässig bestimmen. Diese haben einen kondensatorähnlichen Aufbau und funktionieren auch auf dieselbe Art. So lässt sich anhand der elektrischen Kapazität, welche vom Wassergehalt des textilen Sensors abhängig ist, elektrisch messen, wie hoch dieser Feuchtigkeitsgehalt ist. Die Herstellung der Sensoren ist dabei denkbar einfach, benötigt keine Spezialmaschinen oder andere Geräte und kann daher ohne größere Investitionshürden in Textilunternehmen durchgeführt werden.
Wie dieses Beispiel exemplarisch zeigt, erweitern viele der in CORNET geförderten Projekte, das Produktangebot von KMU auf interessante Weise. Damit können sich die Unternehmen mit Unterstützung durch Forschungseinrichtungen neue Märkte erschließen.
Hier erfahren Sie mehr über CORNET und andere Förderangebote im deutschen Raum.
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